Stefan Roigk - Imaginary Soundscape No. 6
Die Arbeit "Imaginary Soundscape No. 6" steht in der Tradition der virtuellen Musik und der grafischen
Notation, welche seit etwa 100 Jahren immer wieder zu den Versuchen geführt haben, musikalische
Ereignisse als Inspirationsquelle für bildnerische und plastische Werke zu Nutzen. Innerhalb des
Werkes von Stefan Roigk zieht sich dieser Ansatz seit Jahren hindurch und manifestiert sich einerseits
durch eine relativ konkrete plastische Imagination von auditiven Erlebnissen und andererseits zu einer
sehr durch die Dynamik der Zeichnung und die räumliche Differenzierung einer Skulptur geschulten
Herangehensweise an den Prozess des Komponierens.
Dieser zeichnerisch anmutende, dynamische Fluss aus massiven und expressiven Gesten, Brüchen,
auf-bäumenden Ansammlungen und chaotischen Verstrickungen wurde von der Formensprache Roigks akustischer
Arbeiten abgeleitet und muss vom Betrachter durch Rezeption zum "klingen" gebracht werden.
"Imaginary Soundscape No. 6" besteht aus sechs tiefschwarzen Silikonskulpturen die auf Mirkofonständern
befestigt sind. Dabei gibt die Augenbewegung des Betrachters die zeitliche Dimension des Stückes vor.
Der Rezipient fungiert gleichsam als Mischpult und Interpret, indem sich die Verhältnisse der einzelnen
Elemente zueinander durch seine Bewegung des zu fokussierenden Arrangements verschieben.
Die Arbeit ist auch als Hommage an den im letzten Jahr bereits ausgiebig gefeierten Komponisten John Cage
zu verstehen, welcher für den Einsatz des Geräusches wie auch der grafischen Partitur massgebliche
Impulse geliefert hat. Soundscapes sind eines der zentralen Klangmaterialien, welches Stefan Roigk für seine
akustischen Kompositionen benutzt. Der Begriff des Soundscapes spielt dabei auf den englischen Begriff
Landscape (Landschaft) an, da es sich dabei um Aufnahmen bestimmter Räume und ihrer Geräuschkulissen
handelt. Roigk betitelt seine Arbeit nun so, dass sie den Titel einer Komposition von John Cage (Imaginary
Landscape) ansatzweise zitiert und gleichzeitig den Inhalt der Arbeit eindeutig definiert: nicht eine klanglich
assoziierte Landschaft soll erdacht werden, sondern es wird ein grafisch plastisches Konstrukt akustischer
Formsprache, Dynamik und Struktur hinter das Schaufenster des Kunstraum Michael Barthel platziert und soll
diesen durch klangliche Imagination bespielen.

Fotos: Stefan Roigk